Vor zwei Wochen hat der deutsche Zoll seine Statistik für das Jahr 2015 veröffenlicht und eine besorgniserregende Bilanz gezogen. So stieg die Zahl der beschlagnahmten illegalen Medikamente, angeführt von Fälschungen des beliebten Potenzmittels Viagra, auf 3,9 Millionen, was einer Steigerung von 400% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Wie die Welt berichtete, wurden dabei laut der Universität Bonn, die teils mit der Analyse betraut war, sogar Inhaltsstoffe gefunden, die in Medikamenten gar nicht verloren haben, z.B. blaue Straßenfarbe oder Bodenwachs.
Wir möchten diese erschreckenden Zahlen zum Anlass nehmen, nochmals ausdrücklich vor der Bestellung und dem Konsum solcher Arzneimittelfälschungen zu warnen. Gefährlich sind nicht nur mögliche Verunreinigungen oder unappetitliche und nicht für den menschlichen Verzehr geeignete Inhaltsstoffe, sondern auch eine unkalkulierbare Wirkstoffkonzentration. Durch die oft mangelhaften technischen Voraussetzungen bei der Produktion können einzelne Tabletten einer Charge eine vielfach erhöhte Wirkstoffkonzentration enthalten, während wieder andere gar keinen Wirkstoff enthalten. Insbesondere ersteres führt zu einer potentiell lebensbedrohlichen Überdosierung, insbesondere wenn im Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben der Fälscher ohnehin grenzwertige Dosierungen eingenommen werden.
Fälschungen sind relativ einfach zu erkennen, nicht anhand der Verpackung, dafür aber umso leichter anhand der Webseiten auf denen sie angeboten werden:
- Die angeblichen Apotheken haben verdächtige Begriffe direkt im Domainnamen, etwa „Potenzmittel“, „Pillen“ oder ähnliche Schlüsselwörter, die im Namen einer echten Apotheke nie zu finden sind.
- Es wird ganz bewußt herausgestellt, daß es sich um Originalpräparate handelt. Die Erwähnung oder Betonung dieser Selbstverständlichkeit ist immer ein Indiz dafür, daß genau das Gegenteil der Fall ist.
- Da die Fälscher meist im Ausland sitzen, sind viele der Webseiten nur leidlich übersetzt, enthalten Rechtschreibfehler, Grammatikfehler. Oft merkt man, daß sie nur leidlich und unvollständig aus dem Englischen übersetzt wurden.
- Es fehlen die nach deutschem und europäischen Recht nötigen Pflichtangaben, etwa eine Adresse, Telefonnummer, allgemeine Geschäftsbedingungen, Widerrufsbelehrungen mit Angabe einer Adresse für den Rückversand, Hinweise zum Datenschutz.
- Es werden nicht die üblichen Zahlungsmethoden wie Lastschrift, Kreditkarte oder Paypal angeboten, sondern eher als dubios einzustufende anonyme Zahlungsmittel wie Bitcoin, Western Union u.ä.
- Die Präparate werden nicht in den üblichen Verpackungseinheiten beworben oder es wird angegeben, daß auch einzelne Blister ohne Umverpackung verschickt werden.
- Es gibt Kombiangebote, wer 100 Viagra bestellt erhält 10 Cialis gratis. Seriöse Anbieter würden niemals unterschiedliche Mittel zum ausprobieren versenden.
- Das Produkt wird auf Ebay verkauft, was den Geschäftsbedingungen von Ebay widerspricht, egal wieviele positive Bewertungen der Verkäufer haben mag.
- Auf der Webseite wird prominent mit Kundenbewertungen geworben, die sich aber anhand externe Bewertungssysteme nicht nachvollziehen lassen
- Es werden angeblich verbesserte Versionen der Originalpräparate mit frei erfundenen Zusatzbezeichnungen wie „Super“, Plus“, „Professionell“ o.ä. verkauft.
- Es wird nur Versand per EMS, oder sonstige Express- oder Kurierdienste angeboten.
- Im Design der Seite tauchen prominent Bilder von Ärzten im Kittel oder Frauen in erotischen Posen auf, die man auf der Webseite einer seriösen Onlineapotheke niemals finden würde.
- Es wird aktiv damit geworben, daß die Medikamente ohne jegliche Verordnung direkt bestellt werden können.
Treffen eines oder gleich mehrere Merkmale aus der Liste zu, handelt es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entweder um Fälschungen oder illegal aus dem Ausland importierte Generika. Im Sinne der eigenen Gesundheit sollten die oft verführerisch günstigen Preise niemals zum Kauf verleiten. Jeder Urologe oder Androloge stellt nach einem direkten Gespräch, solange keine gesundheitlichen Kontraindikationen vorliegen, ganz problemlos ein Rezept aus (Privatrezept, die Krankenkassen erstatten PDE-5 Hemmer nur in sehr wenigen begründeten Fällen), daß ganz diskret in jeder deutschen Apotheke eingelöst werden kann. Oft wird er auch weiterreichende Untersuchungen empfehlen, denn Erektionsprobleme sind oft harmloser Natur, können aber auch das Symptom einer schwerwiegenderen Grunderkrankung wie Diabetes sein.